Julien

E) wie ERE 2000

Nach den wenigen Monaten auf Radio 104, wechselte ich dann -immer noch 1987- zu dem Piratensender aus Esch/Alzette. Radio Stereo Ere 2000, nannte sich jener Sender.

Ich muß zugeben, ich ging dahin mit sehr gemischten Gefühlen. Nachdem, was mir meine früheren Kollegen erzählt hatten, lief es dort nämlich ganz anders ab. Alles hatte seine Ordnung und Spielereien wie auf Radio 104 gab es dort nicht. Klar, daß ich etwas nervös war. Zwar hatte ich den Vorteil, ein bißchen Erfahrung zu haben, aber würde das reichen? Wie genau das erste Telefonat ablief, weiß ich jetzt nicht mehr. Auf jedenfall aber, hatte ich dann einen Termin, mit dem Programmleiter Jos. Natürlich hatte man mich schon „vorgewarnt“, daß „ERE 2000“ kein „104“ sei und man sich schon anstrengen müßte. Den Termin hatten wir im Lokal, direkt über dem Sendestudio ausgemacht. Und meine Ängste waren an sich sehr schnell verflogen. Das Gespräch verlief sehr locker -und wie man heute weiß auch positiv- Der Weg ins Studio selbst verlief sehr abenteuerlich. So mußten wir anfangs, durch die Hintertür vom Restaurant rein, dann runter in den Keller und irgendwo im Keller war es. Das winzige Zimmer, das sich Studio nannte. Rückblickend betrachte ich meine „ERE 2000“ Zeit als meine schönste Zeit überhaupt. Sicher und Zuhause fühlte ich mich sehr schnell. Zwar gab es in der Tat wesentlich mehr Ordnung, dennoch hatten wir als Moderatoren viel Spielraum. So konnte ich auch nach und nach verschiedene Formate ausprobieren und somit auch an mir selbst arbeiten. Über die Jahre hinweg war ich in vielerlei Sendungen zu hören, oder manchmal nur zu Besuch, in Person des Technikers. Als wir Piraten dann schließlich unsere Fahrten über die UKW-Wellen einstellen mußten, kam die eigentlich schlimmste Sendung in meinem Leben. Die allerletzte! Weil: Da wußte noch keiner so 100% ob, wie und wann es mal weitergeht. Vielleicht ahnten die Vorstandsmitglieder, wie es weiter gehen könnte. Bei mir waren es nur Hoffnungen und Wünsche. Einer der Vorstandsmitglieder -ich glaube es war John W. - sagte mir dann noch, daß es weiter gehen würde, aber auch, daß man nicht jeden „Piraten2 mit übernehmen werde, in dem offiziellen legalen Sender.

Oh Oh, da war sie wieder, diese Angst. Warum sagte er MIR das? War ich einer, der Piraten, die zu „Piratig“ gewesen sind? Auch, wenn meine Schüchternheit und Selbstzweifel abgenommen hatten, so waren sie jetzt wieder da. Die Zeit, ohne senden zu dürfen, zog sich gefühlt, ewig hin. Zwar traf man sich zu anderen Gelegenheiten, aber das war nicht dasselbe. Und irgendwann hieß es, wir würden wieder los legen. Nichts mehr mit Piratendasein. Nein, jetzt völlig legal, mit allen Rechten und Pflichten. Aha,…oops. Und good old Julien durfte weiter dabei sein. Die Augenklappe abgelegt, ging es zum ersten male ganz legal auf Sendung.

Die Zeit verging und der „ERE 2000“ Spirit ging mehr und mehr verloren. Warum? Ich weiß es nicht. War die Luft raus? Wir waren immer noch die gleichen -also die, welche dabei waren- wie vorher, es war immer noch das ultra-mega-Erlebnis. Aber irgendwie war es anders geworden. Das war der Moment, wo ich begann mich umzuschauen, wo es noch Abenteuer gab. Diese glaubte ich beim RSR zu finden und so teilte ich John mit, daß ich wohl die Station wechseln würde. Ich glaube im Nachhinein, daß ich damit John ziemlich weh tat, und daß -das mag arrogant klingen- Radio RGL einen anderen Kurs eingeschlagen hätte, wäre ich dort geblieben. Ich bin mir auch sicher, daß unsere Freundschaft darunter litt. Obwohl ich dann bei der Konkurrenz war, besuchte ich meine alte UKW-Heimat noch einige Male. Doch die Gespräche mit John waren anders geworden. Leider verpaßte ich aber die Gelegenheiten, mal klar darüber zu reden. Mir fiel so etwas schon immer schwer und so ließ ich es bleiben. Ein Fehler, denn irgendwann war gar kein Kontakt mehr da.